Doppelter Abschied

Der Mai 2021 brachte für die Ev. Kirchengemeinde Altenkirchen zwei Abschiede mit sich: den von Pfr'in Andrea Ehrhardt, die uns nach vier Jahren in Richtung des Kirchenkreises Wied verlässt und den von Pfr. Werner Zeidler, der nach 34 Jahren in unserer Gemeinde in den Ruhestand geht.

Statt einer Laudatio

Nun geht er also. Alles hat ein Ende, der Ruhestand wartet, und das ist auch gut so. Aber es wird eine Lücke bleiben.

1991 WeihSeit 34 Jahren ist Albert Werner Zeidler Pfarrer in Altenkirchen. Die große Bühne oder der pastorale Auftritt waren nicht seine Sache. Dass er indes engagiert und gewissenhaft für die Sache des Glaubens einstand, aufgeschlossen für die Menschen und deren Anliegen, das haben die Mit­glieder unserer Kirchengemeinde (und nicht nur sie!) bald gemerkt, und das hat sie für ihn gewonnen. Allzu fromme Sprüche mochte er nicht – und war doch ein Meister des gesprochenen Wortes, wenn er das „Wort“ sonntags auslegte, konkret, verständlich und praktisch, theologisch fundiert und mit Tiefgang, zuweilen auch politisch, aber beileibe nicht abgehoben oder elitär. Das hat vielen geholfen.

2012 (1)Die Einrichtungen der Kirchengemeinde hat er gut und verlässlich begleitet: z.B. als kompetenter und engagierter Ansprechpartner der Evangelischen Bücherei, der ihre Belange intensiv unterstützt hat, mit offenem Ohr; und für das Jugendzentrum war er seit den 80er Jahren zuständig, bis heute: „Er kam regelmäßig und sprach mit den Besuchern über 'Gott und die Welt', unterstützte das Team in theologisch-pädagogischen Fragen und spielte auch mit großer Leidenschaft Tischfußball mit den älteren Jugendlichen, was ihm schon bald den Beina­men 'Kicker-Papst' einbrachte“, so erinnert sich ein „Zeitzeuge“. Aber „als sich die wöchentlichen Besuche irgendwann dann häuften, er war fast täglich anwesend, wurde langsam klar, dass sein Interesse an der damaligen Mitarbeiterin Marion M. mehr als nur dienstlicher Natur war. Es kam, wie es kommen musste: Heirat, Kinder – und das Team im JZ musste sich nach einem Ersatz für Marion Zeidler umsehen.“

Eingefordert hat er stets die öffentliche Verantwortung der Christen und der Kirche, eine Verpflichtung, der er sich selbst nicht entzog und die er ernst nahm: das Engagement für die Mahnwachen oder die Begegnung mit ehemaligen jüdischen Bürgern Altenkirchens gehörten ebenso dazu wie die Veranstaltungen im Bereich der Erwachsenenbildung.

2012 Konfitag (2)Gesprächspartner, Prediger, Verwalter, Seelsorger, Ratgeber, Vorgesetzter, Kritiker, Kollege, Repräsentant... – die Aufzählung kann gar nicht vollständig sein, aber Pfr. Zeidler hat jede dieser Rollen in der Zeit seines Pfarramtes übernommen, verantwortet und ausgefüllt. Mit den Jahren habe er ihn „immer mehr schätzen gelernt, und seine Art der Dienstführung bzw. sein Überblick und seine Leitung haben mich manches Mal beeindruckt“, äußert ein langjähriger Weggenosse anerkennend.

Und nun also geht Pfr. Zeidler zum ersten Mai in den Ruhestand. Jeder Mensch sei ersetzbar, so heißt es manchmal. Mag sein. Aber es wird doch eine Lücke bleiben. Er wird (nicht nur mir) fehlen!

Ernst W. Thomas (Presbyterium)

Unsere Zeit mit Pfr. Zeidler

Zitate von Gemeindemitglieder zu unserem Pfarrer Werner Zeidler:

Pfarrer ZeidlerGottesdienst

  • Kurze, knackige Predigten, die es in sich hatten
  • Bringt in Predigten alles auf den Punkt ohne Wiederholungen
  • Predigten sind nachvollziehbar erklärend, Mut und Vertrauen schaffend
  • Wer seine Gottesdienste besucht, braucht keine Bedenken zu haben, nicht pünktlich zum Mittagessen zu sein
  • Einfallsreiche Predigten, durchdacht, geschliffen in der Wortwahl, argumentativ überzeugend und auch mit klarer politischer Relevanz
  • Positioniert sich gegen kirchliche Heuchelei und legt offen, wenn die Starken sich auf Kosten der Schwachen profiliert haben
  • Immer Verlass auf sorgfältige Auslegung eines biblischen Textes
  • Er verkörpert was er sagt, aufrecht, klar, ohne drumherum zu reden
  • Man kann den Predigten gut folgen ohne müde zu werden
  • Auch Schwerhörige können ihn gut verstehen
  • Er kann auch scharfzüngig sein
  • Manchmal einfach zu schnell, z.B. bei Taufen

    09 Pres (1)2006 (41)2006 (21)
Gemeindeleben
  • Hat Balance gehalten zwischen unterschiedlichen Frömmigkeitstraditionen
  • Vorbildlich im jüdisch-christlichen Dialog
  • Initiierte große Anzahl von Erwachsenenbildungsveranstaltungen
  • Er hinterlässt „große Fußstapfen“
  • Hält Kontakt zur Partnergemeinde Gransee

2012 (1)Persönliche Erfahrungen
  • Er hat mal eine Predigt mit den Worten „Guten Appetit Deutschland“ beendet. Das ist über 25 Jahre her und ist mir bis heute in Erinnerung geblieben.
  • Gelobt hat er nicht – aber – einen leichten Klaps auf die Schulter konnte man schon als Ritterschlag interpretieren.
  • Wenn ich an Pfarrer Zeidler denke, wird mir warm ums Herz.
  • Wo er gebraucht wird, zeigt er Nähe, z.B. bei Trauergesprächen.
  • Regelmäßige Besuche bei Altengeburtstagen wurden sehr geschätzt.
  • Er interessiert sich für das aktuelle Dorfgeschehen bei den Hausbibelstunden.
  • Insbesondere in Krisensituationen ist er ein einfühlsamer Gesprächspartner und Seelsorger.
  • Oft habe ich sonntags gedacht: Das war heute für mich.
  • Er ist ein einfühlsamer Kranken-und Sterbebegleiter.
  • Beim Besuch am Sterbebett meiner Mutter, klatschte sie in die Hände, sie konnte nicht mehr sprechen.
  • Wer jemals seinen seelischen Beistand brauchte, weiß, wie schnell er die Situation erkannte, wie differenziert und passend er helfen konnte.
  • Seine Einstellung zum Besuchsdienst: Prima Sache, sie machen ihre Besuche, ich die meinen.
  • Pfarrer Zeidler fand auch bei schweren Beerdigungen die richtigen und tröstenden Worte.
  • Das Jahr als Helfer im Konfirmandenunterricht war eine schöne und wichtige Zeit für mich.
  • Zweimal habe ich ihn angerufen, weil mich Ereignisse aufgeregt hatten. Er hat zugehört und wohltuend reagiert.
  • Er traute mir die Betreuung eines Mädchens im Konfirmandenunterricht zu.
  • Ein seelsorgerisches Gespräch vor meinem Umzug machte mir Mut.

Zeidlers 2003 (104)Privates
  • Trägt auch mal ´ne coole Jacke
  • Hut- und Kappenträger, auch mal Fahrradhelm
  • Hat unter manchen „lautstarken“ Großveranstaltungen im Weyerdamm gelitten
  • Bekannt für seine dunkelbraune Aktentasche
  • „mumford & sons“ for ever...

Persönlichkeit
  • Eer glööft och do draan, watte sööt
  • Immer ansprechbar, unterstützend und Rückhalt gebend
  • Freundlich und hilfsbereit
  • Sprachlich und rhetorisch fit
  • Sehr engagiert und eifrig
  • Kein Freund von überflüssigen Worten
  • Zuverlässiger, gut organisierter, sachkundiger und wortgewaltiger „Profi“
  • Immer gut gelaunt, zielstrebig
  • Mit sehr gutem Redetalent ausgestattet
  • Ein Mensch mit eigenem Humor
  • Mut zur Sozialkritik
  • Immer gut informiert, strukturiert und rasch im Handeln, wenn es wichtig und nötig war
  • Gern auch mal im Büro zu einem privaten Gespräch bereit
  • Er hat Humor und man kann gut mit ihm zusammenarbeiten
  • Ich schätze ihn sehr
  • Verlässlich in seinen Aussagen und Handlungen

IMG-20191105-WA0001 Einrichtungen
  • Stets ein Herz und offenes Ohr für Belange der Bücherei und ihrer Mitarbeiter
  • Ein zuverlässiger Vorgesetzter
  • Im Jugendzentrum: engagiert für die Friedens- und Erinnerungsarbeit
  • „Kicker-Papst“ im Jugendzentrum
  • Er hatte unsere Arbeit im Jugendzentrum immer im Blick; ein wertschätzender Unterstützer, der fehlen wird
  • Aufgeschlossen für Mitarbeitergespräche

Liebe Gemeindeglieder!

Mit der Pensionierung eines Pfarrers muss vieles neu geordnet werden, für den Pensionär wie für die Gemeinde. In unserer Region mit den anstehenden drastischen Pfarrstellenreduzierungen wird vieles neu und verändert werden.

PfrFür mich heißt es nun von meiner Kirchengemeinde Altenkirchen Abschied zu nehmen. Der Ruhestandsantritt ist eine Entpflichtung, also die Rückgabe von Verantwortung, die nun in andere Hände übergehen muss. Für eine rechte Gemeinde darf es nicht viel ausmachen, wenn der Pfarrer geht. Die Gemeinde wird nämlich von allen Gemeindegliedern getragen und das Presbyterium muss für ihre Zukunft fortlaufend weise Entscheidungen treffen.

In den zurückliegenden 34 Jahren habe ich viele Begegnungen und Erlebnisse mit den Menschen vor Ort gehabt. Und was ich geben durfte, an Trost und Ermutigung, Fröhlichkeit und Mitgefühl, all das kam in hohem Maß auch wieder zu mir zurück. Sei es über Taufen, Trauungen, Beerdigungen, Gottesdienste, unsere Kantorei, unseren Posaunenchor, das Jugendzentrum, die Bibelstunden, Konfirmandenunterricht, die Veranstaltungen der Erwachsenenbildung, Hausbesuche, persönliche Gespräche und vieles mehr. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken! All dies hat mir geholfen, auch die erlebten Kränkungen und Misserfolge zu überstehen, die im Laufe der Zeit nicht ausgeblieben sind.

WIch hoffe und wünsche mir, dass der Gemeinde Seelsorge, Bildung und Diakonie (dazu gehören für mich ganz besonders unsere drei Einrichtungen: die Kita Arche, das Kinder- und Jugendzentrum KOMPA und die öffentliche Bücherei) wichtig bleiben. Ferner möchte ich allen Verantwortlichen die Fortführung der Mahnwache zur Reichspogromnacht sowie unserer Partnerschaften mit der Kirchengemeinde Gransee/Brandenburg und dem Kirchenkreis Muku/Kongo ans Herz legen. Unsere fernen Geschwister verfügen über eine große Erfahrung und Kenntnis darüber, wie sich Kirche in schwierigen Zeiten entwickelt und lebendig bleibt. Ich habe im Laufe der Jahre viel von ihnen lernen dürfen und mich bemüht, es in meine Arbeit einfließen zu lassen.

Eine Verabschiedung aus meinem Amt in traditioneller Form wird auch aufgrund der aktuellen Gegebenheiten nicht stattfinden. Stattdessen würde ich mich über „analoge“ Postkarten aus der Gemeinde freuen, die mir Grüße und wertvolle Rückmeldung auf meinen Dienst in Wort und Bild geben. So kann ich auch trotz Abschied etwas aus der Gemeinde in den Ruhestand mitnehmen.

Ich freue mich darauf und bin gespannt!

Gott befohlen,
Ihr/Euer (ehemaliger) Pfarrer
A. Werner Zeidler